Wo ist er denn nun, der große Siegeszug von eSport bei den Buchmachern für Online Wetten? Dies mag sich jeder fragen, der die Berichterstattung um Online Wetten oder auch um eSport verfolgt. Auch Insider und Analysten haben die Jahresmitte zum Anlass genommen gehabt sich nochmals Gedanken darüber zu machen. Immerhin ist auch ihr Blatt, Online Gambling Quarterly, ein englischsprachiges Fachblatt, zu einem merklichen Maß auf den großen Trend ausgerichtet. Eine eigene Kategorie bietet sich hier an. „Focus on eSports“. Und zwar schon seit einigen Ausgaben. Dabei war der Tenor insgesamt schon positiver. Vor einigen Monaten fragte man sich gar schon, ob dieser Trend denn nun schon enden wird, bevor er überhaupt richtig in Schwung gekommen sei.
Der eSport Markt – ein schlafender Riese
Aktuelle Zahlen zur Größe des Marktes mit eSport Wetten gibt es zwar, diese sind allerdings nicht gerade aussagekräftig. Wie die untere Grafik zeigt teilt sich der Markt in drei Bereiche auf. Immerhin 598 Millionen Dollar sollen weltweit bis zum Ende des Jahres in diesem Segment nur mit traditionellen Wetten umgesetzt worden sein. Eine Menge Geld. Und doch ist diese Menge nicht aussagekräftig. Hinzu kommen, ebenfalls von untenstehender Grafik erfasst, noch Wettmöglichkeiten Spieler gegen Spieler, also etwa Wetten an der Wettbörse, und Fantasy Sports im eSport Bereich.
Dennoch sind die gezeigten Zahlen die wohl ungenausten der gesamten Branche. Denn der eSport hat ein Problem, welches sich erst kürzlich in einem Skandal entlud. Bis ins abgelaufene Quartal hinein geschah eine Menge abseits der regulierten und damit statistisch erfassten Märkte. Skin Gambling war groß in Mode. Von bis zu 5 Milliarden Dollar, die hier ungesehen und unreguliert an den Buchmachern vorbei flossen gehen Experten aus. Bei diesen Websites setzen Spieler kein Geld ein, sondern Skins, also im Grunde Verkleidungen für Spielfiguren in Online Games oder Farben und Muster, mit denen man Waffen schmücken kann.
Vor allem das auch bei den Buchmachern gern gelistete Spiel CS:GO war betroffen. Hier kosten Skins teils schon offiziell 100 Euro. Als Einsatz für eine Wette ist dies manchem Hobbywetter schon zu viel. Sehr seltene Skins konnten aber an offiziellen Quellen vorbei ebenfalls gehandelt werden. Und dort waren sie dann leicht mehrere zehntausend Euro wert. Und die Möglichkeit dieses geduldeten Handels nutzten auch die Skin Gambling Seiten, die so Skins als Einsatz akzeptieren konnten.
Nun aber kam es zu einem Skandal der die ganze Geschichte beendete. Der Spielentwickler hinter CS:GO sah sich gezwungen die Möglichkeit zu tauschen einzuschränken. Damit wurde auch das Skin Gambling in diesem Spiel nahezu ausgerottet, was eine weitere Exkursion hier unnötig macht.
Freie Kunden für eSport Wetten – Buchmacher sollten zugreifen
Die kleine Erläuterung war aber notwendig um die hohen Schätzzahlen der Experten zu erläutern. In Bargeld würden wohl auch diese Spieler nicht ganz diese astronomischen Beträge aufbieten können.
Dennoch ist hier nun im Grunde eine ganze Gruppe von Kunden heimatlos, wenn man so möchte. Die Buchmacher müssten lediglich ihre Arme ausbreiten und diese willkommen heißen. Mit nur etwa 20 bis maximal 50 eSport Wetten im Programm tun diese sich hier allerdings noch offenkundig schwer.
Gerade bei Buchmachern wie Bet365 oder, nicht im Bereich Deutschlands verfügbar, auch Pinnacle erwarten Experten aber, dass diese noch aus ihrer Übervorsichtigen Phase aufwachen könnten. Demnächst schon.
Dies geht auch aus der noch immer sehr positiven Eischätzung der Experten für die zukünftige Entwicklung des eSport Segments hervor, die sich oben bis 2020 ablesen lässt.
Probleme beim Erschließen des eSport Marktes
Nun gibt es aber einige einfach zu verstehende Probleme, und einige die eher schwer zu lösen sind. Zum einen wäre da das eher schwache Angebot der Buchmacher, wenn es um eSport Wetten geht. Damit lockt man sicher keine neuen Kunden nur wegen des eSport Bereiches auf die eigene Seite. Wenn aber ein Buchmacher das Experiment eines weitaus größeren Angebots ernsthaft wagt, dann kann er sich Mühe gemacht haben und Investitionen getätigt haben, die sich am Ende nicht auszahlen. Drum trauen sie sich derzeit wohl noch nicht so recht, die Anbieter. Die sprichwörtliche Katze beißt sich hier in den Schwanz. Anders herum kann aber auch jener gewinnen, der seinen Schatten zuerst überspringt. Und letztendlich wird man erst dann sehen, wie groß das mögliche Umsatzvolumen mit Echtgeld tatsächlich ist.
Etwas schwerer zu lösen scheint schon Problematik Nummer 2 zu sein. Meiner Ansicht nach wird es ein Kraftakt für die Buchmacher diejenigen als neue Kunden zu gewinnen, die bislang so sehr im Gaming Bereich haften, dass sogar die Einsätze mit fiktiven Gegenständen getätigt wurden. Eine Antwort hierauf scheint bislang kein Buchmacher gefunden zu haben. Denkbar wäre eine Partnerschaft mit Spieleentwicklern. Allerdings ist so eine Partnerschaft insgesamt nicht sehr wahrscheinlich. Denn auch die Entwickler müssen auf ihren Ruf achten. Und Videospiele haben trotz teils anderer Realitäten noch immer das Image sich hauptsächlich an die Jugend zu richten. Sicher wäre eine Kooperation mit Glücksspielanbietern in ihrer Außenwirkung da bestenfalls als diskutabel zu bezeichnen.
Allerdings gibt es eben hierfür, wie im Bild oben zu sehen ist, erste Lösungsansätze. Die Parteien der Geschäftsfelder Videogames und Glücksspiel sollen zumindest für erste Begegnungen zusammengebracht werden. Schnelle Lösungen sollte man sich kaum erhoffen. Zumindest aber erste vorsichtige Annährungen erscheinen denkbar.
Wie groß ist er denn nun, der Markt?
Schon kurz erwähnt wurde ein weiteres Problem. Der Markt, der für die Buchmacher zur Verfügung stünde, lässt sich nur schwer einschätzen, was Einsatzvolumen und andere wirtschaftliche Faktoren angeht. Neben der bereits erwähnten Problematik, dass die mit Skin Gambling umgesetzten Summen auf reine Schätzungen beruhen und mit Echtgeld vermutlich kleiner wären, gibt es noch eine wesentlich größere Problematik.
Es ist bekannt, dass im Skin Gambling auch viele minderjährige aktiv waren. Dies sind eben die Gefahren eines gänzlich unregulierten Marktes. Jugendschutz gibt es da nicht. Jugendschutz bei den Buchmachern wird aber durchaus ernst genommen und gegebenenfalls auch überprüft. Selbst wenn alle bisherigen Skin Gambling Spieler bereit wären zum Traditionsbuchmacher zu wechseln: Man könnte unmöglich abschätzen wie viele an der Altersgrenze scheitern. Wie immer in solchen Themen gibt es nämlich sehr verschiedene Einschätzungen. Die Betreiber und Lobbyisten gehen von vergleichsweise wenig Jugendschutzverstößen im Skin Gambling aus. Die absoluten Glücksspielgegner und Jugendschützer hingegen sehen das Schlimmste als gegeben an. Die Wahrheit wird, wie so oft, irgendwo in der Mitte liegen und vermutlich nie zum Vorschein kommen. Für die Buchmacher ist der Kreis der heimatlosen Kunden also tatsächlich schwer abzuschätzen. Und auch die Analysten könnten hier bestenfalls raten, weshalb das Thema lieber außen vor gelassen wird.
Neue Wege
Kurz vor Schluss möchte ich, nur als reiner Denkanstoß, noch Möglichkeiten aufzeigen, mit denen man immerhin auch die jungen Wilden mobilisieren könnte die da mit ihrem Skin Gambling hantierten. Wie wäre es denn einfach Turniere in Spielen zu veranstalten? Ähnlich wie es die eSport Plattformen wie ESL heute schon tun? Zwei Spieler legen ihre Einsätze in den Pot, treten gegeneinander an, und der Sieger bekommt den Gewinn. Solche Modelle könnten Modelle der Zukunft sein.
Auch Downloadcodes für Ingame- Gegenstände (optional erwerbbare Gegenstände im Spiel), eben dies könnten je nach Spiel wieder Skins sein, könnte man als moderner Buchmacher verlosen. Diejenigen, die während eines Turniers die meisten richtigen Tipps unter ihren Wetten hatten bekommen solch einen Code. Damit könnten sie sich, wieder abhängig vom Spiel, beispielsweise Boxen kaufen, die immerhin die Chance haben einen seltenen Gegenstand zu enthalten. Die Marketingideen von heute, wie beispielsweise Boni für Bestandkunden, könnten auf solche Arten leicht auf die neue, junge Klientel angepasst werden. Vermutlich wäre es am Ende für die Buchmacher nicht teurer sich entsprechende Codes zu besorgen.
Fazit zum eSport Markt und seiner Entwicklung
Was bleibt ist beinahe weniger Fazit als große Ungewissheit. Doch einiges lässt sich abschließend immerhin festhalten. Zum einen die Tatsache, dass das wahre Potential des eSport für die Glücksspiel Branche sich heute kaum abschätzen lässt. Zum anderen aber auch die Tatsache, dass Buchmacher für Online Wetten sich heute mit ihrem eher kleinen Angebot teilweise selbst im Weg stehen. Aber auch wenn der Wille vorhanden wäre und Schritte eingeleitet würden: Die potentielle neue Kundschaft einzufangen dürfte sich als schwieriges Unterfangen gestalten. Womöglich sind hierfür ganz neue Ideen und Wege von Nöten.
Spannend bleibt das Thema allemal. Und ich persönlich bin mir sicher es wird auch noch einige Zeit gehen, bis der eSport seinen eigentlich längst überfälligen Durchbruch bei mitteleuropäischen Buchmachern feiert.