Verhaltensforscher sind der Frage auf den Grund gegangen, weshalb der Mensch lieber Lotto spielt als sein Geld an der Börse zu investieren. Hintergrund der Frage, und damit das Interessante für das Gebiet der Verhaltensforschung, ist die Tatsache, dass ein guter Anleger auf Dauer durchaus Gewinne erwirtschaften kann, ein dauerhafter gewinn im Lotto allerdings ohne Großgewinn unmöglich ist. Und dieser Großgewinn im Lotto ist immerhin sehr unwahrscheinlich. Eine Tatsache, die allen Spielern durchaus bewusst ist. Und dennoch spielen sie. Also weshalb? Die Antwort auf die spannende Frage lässt sich übrigens auch auf äußerst typische Fehler bei Sportwetten übertragen. Die Antwort auf die Frage eines kleinen Stücks des Geheimnisses Mensch findet sich im Folgenden. Und denkt man darüber etwas genauer nach, dann können sich damit sicher auch zukünftig Verluste bei Sportwetten eher beschränken lassen.
Die Theorie anhand des Aktienmarktes erklärt
Da die ursprüngliche Frage sich danach richtete, weshalb Menschen lieber Lotto spielen als in Aktien zu investieren, beginnt die Forschung damit zu erklären, dass jeder Mensch bei der Bewertung einer Geldanlage im Kopf automatisch eine Einschätzung abgibt, ob diese nun in einen Gewinn mündet oder nicht. Dies erscheint subjektiv, lässt sich aber mathematisch annährend mit dem Begriff des Erwartungswertes gleichsetzen.
Denkt ein Anleger also darüber nach sein Geld in ein Wertpapier zu investieren, dem Analysten vorhersagen, dass es eine Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent gäbe 10 Euro Gewinn zu erwirtschaften, aber 20 Prozent Wahrscheinlichkeit für einen Verlust von 40 Euro sprechen, dann liegt dieser Erwartungswert bei null.
Mathematisch erklärt:
- 80 mal 10 Euro Gewinn ergeben in dieser Herleitung 800
- 20 mal 40 Euro Verlust ergeben in dieser Herleitung 800
- Gewinn und Verlust heben sich gegenseitig auf und erschaffen einen Erwartungswert von 0
Reduziert man die Summe, die man vermutlich verlieren könnte, aber auf 20 Euro, dann bleibt ein hoher Erwartungswert von 400. Das Angebot ist in der Wahrnehmung eines Menschen viel besser.
Wo Mathematiker die Hände über dem Kopf zusammenschlagen werden hat die Verhaltensforschung eine tatsächliche Herleitung der etwas krummen intuitiven Einschätzung der Menschen ergeben, die sich in Zahlen verdeutlichen lässt.
Deshalb spielen wir lieber Lotto als an der Börse zu investieren
Es wird noch deutlich skurriler. Die selbe Theorie erklärt auch grundlegend, weshalb zwar Millionen in Lotto investieren, vor allem dann wenn der Gewinn recht hoch ist, aber kaum ein normaler Bürger, geschweige denn ein Lotto Spieler, an der Börse handelt. Auch dies lässt sich Mathematisch herleiten
Ein Spieler beim Lotto bei 6 aus 49 hat eine Gewinnwahrscheinlichkeit von, zugunsten des Spielers gerundeten, 3 Prozent.
Dem stehen 97 Prozent Wahrscheinlichkeit gegenüber mit dem eigenen Tipp 1,20 Euro Einsatz zu verlieren.
Mathematisch:
- 3 mal 13.000.000 Euro erhoffter Gewinn sind in der Herleitung: 39000000
- Zu 97 Prozent (97 mal) sicherer Komplettverlust von 1,20 Einsatz sind hingegen in der Herleitung nur: 116,4
- Insgesamt ergibt sich also ein Erwartungswert von unglaublichen 38.999.883,6
Setzt man diesem eine fiktive Aktie entgegen, die mit 99 Prozent Wahrscheinlichkeit, also nahezu sicher, einen Gewinn von 30 Euro verspricht und lediglich die geringe Verlustgefahr von 1 Prozent für die Einlage in Höhe von 20 Euro bereithält, dann ergibt sich folgende Berechnung:
- 99 mal 30 Euro Gewinn ergibt in der Herleitung einen Wert von: 2970
- 1 Mal 20 Euro Verlust ergebt in der Herleitung: 20
- Es bleibt insgesamt ein Erwartungswert von 2950
Natürlich habe ich bewusst eine fiktive Aktie erschaffen, deren Erwartungswert sehr gut ist. Dennoch liegt er noch weit unter dem, was Menschen beim Anblick des aktuellen Lotto Gewinns empfinden. Daher erscheint ihnen, auch wenn dies mathematisch betrachtet eigentlich kompletter Humbug ist, der nahezu sichere Verlust im Lotto attraktiver, als der nahezu sichere Gewinn aus der Aktie. Da solche Werte in der Realität von keiner Aktie je erreicht werden dürften kann sich jeder selbst ausmalen, wie weit die Wahrnehmungen in der Realität auseinanderklaffen.
Erkenntnisse für Sportwetten und Fußballwetten
Es scheint an der zahlengestützten Theorie der Verhaltensforschung durchaus etwas dran zu sein. Und immerhin sind es nicht nur Privatmenschen, die auf ihre eigene Wahrnehmung hereinfallen. Auch Banken verkalkulierten sich in der Vergangenheit. Es wurde lieber in hochriskante Geschäfte mit hohem unwahrscheinlichen Gewinn investiert, als in sichere Gewinnbringer bei minimalem Risiko.
Tatsächlich lässt sich dies auch genauso auf Sportwetten übertragen. So sind Kombiwetten, beispielsweise bei Wetten auf die Bundesliga, weitaus gefragter als Einzelwetten. Hat man die einleitende Erklärung zur Erhaltensforschung im Kopf, dann erschließt sich leicht: Zwar wird bei Kombiwetten im Vergleich zu Einzelwetten der Gewinn immer unwahrscheinlicher, er wird aber auch höher.
Der trügerische Erwartungswert am Beispiel einer Fußballwette
Spielt man eine einfache Fußballwette welche ein Unentschieden noch gar nicht berücksichtigt, also beispielweise eine Wette die abfragt, welche Mannschaft die nächste Stufe in der KO Runde eines Turniers wie der Champions League erreicht, dann lässt sich dies recht einfach darstellen.
Sind beide Parteien etwa gleichstark kann der Buchmacher beide Tipps mit einer Quote von 1,40 ausgeben, wobei die Einsätze natürlich nicht komplett wieder ausgeschüttet werden, Auch er möchte Gewinn machen. Setzt man hier 10 Euro auf eine Einzelwette, dann bestehen je etwa 50 Prozent Chance diese entweder zu verlieren, oder 14 Euro Gewinn zu erhalten. Nach Mathematischer Ermittlung eines Erwartungswertes (50 x 14 = 700 -> abzüglich 50 x 10 = 500) erhält man den Wert 200.
Sucht man sich eine zweite Wette mit ähnlichen Werten, dann steigt der mögliche Gewinn dadurch, dass die Quoten sich in der Kombination multiplizieren, erheblich an. Immerhin nimmt man als Spieler auch wahr, dass die Wahrscheinlichkeit richtig getippt zu haben etwas sinkt. Dass es sich mathematisch betrachtet um eine Halbierung der Wahrscheinlichkeit handelt nimmt man als Spieler aber bei einer oberflächlichen Einschätzung ohne fortgeschrittene Mathematische Kenntnisse nicht wahr. Der Erwartungswert richtet sich bei vielen noch immer an der 50:50 Chance aus. Gewinnen oder verlieren. Und dann ist dieser Erwartungswert höher. Denn bei gleichem Einsatz wächst der Gewinn erheblich an. Die Gefahr eines Verlustes bleibt die Selbe. Was hier noch durch eine Beschränkung der eigenen mathematischen Oberflächenwahrnehmung zustande kommt, denn in Wahrheit wäre der Erwartungswert leicht unter dem der 200, das wird beim menschlichen Hang zu Außenseiterwetten sogar real.
Geliebte Außenseiterwetten
Während Wetten auf den Favoriten einen deutlich weniger guten Erwartungswert bieten da gleicher Einsatz mit schlechteren Quoten gespielt wird, steigt dieser bei Außenseiterwetten an. Hier steigen die Quoten. Nun weiß man zwar, dass es tatsächlich unwahrscheinlicher ist, dass dieser Außenseiter gewinnt, verlässliche Prozentangaben hierzu erhält man aber eher keine. Für die Wahrnehmung zählen die beiden Möglichkeiten auf die man tippen kann daher annährend wie eine 50:50 Chance. Und selbst wenn man diese im Geiste intuitiv noch auf 40:60 korrigiert, so bleibt der Außenseiter dennoch die Möglichkeit, die den besseren Erwartungswert bietet.
Hier ergibt sich ein wenig der Effekt, den Forscher auch bei Anlagen und Lotto nachgewiesen haben. Spielt der FC Bayern gegen einen Drittligisten, dann werden die Quoten für Bayern vermutlich bei 1.10 oder darunterliegen. Der Gegner hingegen wird Traumquoten bieten. Die Verlockung, auch gegen jedes Fußballwissen, auf den Außenseiter zu setzen wird sehr hoch sein. Ein Einsatz auf Bayern hingegen wäre wohl in diesem Fall sogar unbeliebter als der Kauf einer Aktie.
Die Lektion für Sportwetten ist demnach die, dass man sich beim Spiel nicht von der Möglichkeit blenden lassen sollte, wenn hohe aber unwahrscheinliche Gewinne locken. Es kann sich lohnen genau nachzurechnen statt dem zu vertrauen, was der Kopf automatisch als Einschätzung abgibt. Diese lässt sich nämlich tatsächlich mathematisch erklären, anhand des Faktors Erwartungswert. Mathematisch sinnvoll für das eigene Bankkonto ist diese Einschätzung aber nicht unbedingt. Mit Bedacht erwettet man keine großen Gewinne auf einmal. Man erwettet aber ständige Gewinne, die sich zu einem großen Summieren können.
Mein Fazit zum trügerischen Erwartungswert
Die Herleitung der Wissenschaftler zum Selbstbetrug, der im Erwartungswert eindeutig zu liegen scheint, ist recht interessant. Hinzu kommt in vielen Fällen Unwissen. Viele Spieler könnten mathematisch nicht berechnen, dass die Wahrscheinlichkeit eine Kombiwette zu gewinnen sich mit jedem weiteren Tipp mindestens halbiert, wenn man einmal den noch viel komplizierteren Faktor außer Acht lässt, dass auch ein Sieg einer Mannschaft nicht immer gleich wahrscheinlich ist. Man kann lediglich im Kopf die Fakten überschlagen die man kennt. Vor allem dann, wenn Unwissenheit und Erwartungswert aufeinander treffen wird es demnach umso gefährlicher, für Einsätze.
Allerdings, und auch dies darf nicht vernachlässigt werden, sind solche Spiele für viele auch vor allem eins: Ein Hobby. Und Hobby kosten eben. Wenn ein Gewinn hinzukommt, dann mag dies umso besser sein. Wenn man aber auch ohne Spaß hat, dann würde ich davon abraten die Theorie vom Erwartungswert zu ernst zu nehmen. Denn Spaß kann mehr wert sein, als der reine, vernünftige Gewinn.