Man liest derzeit immer wieder neu vom Vormarsch des unregulierten Glücksspiels. Wohl auch deshalb, weil das Thema dank endlich voranschreitender Regulierung in einigen Bereichen derzeit insgesamt recht präsent ist. Doch was ist dran, am Schreckgespenst der Schattenwirtschaft, die dem klassischen regulierten Glücksspiel in Deutschland den Rang abzulaufen droht? Das Handelsblatt Research Institute hat kürzlich eine Studie erstellt, aus der man einige Angaben zum Thema herauslesen kann, sodass all die Schreckensmeldungen schnell relativiert werden.
Reguliertes und unreguliertes Glücksspiel – Was ist das?
Die Studie positioniert sich nicht zuletzt durch ihren realistischen, scheinbar wenig von Lobbyismus getriebenen, Umgang mit der Grundthematik als glaubwürdige Quelle. Denn die Studie selbst erklärt, besser als viele andere Medien, zunächst die Begrifflichkeiten des regulierten und unregulierten Glücksspiels.
So heißt es reguliertes Glücksspiel betrifft jene Angebote, die eine Lizenz für ihre Dienstleistungen in Deutschland haben. Dies sind klassischer Weise die Angebote des deutschen Lotto Toto Blocks. Aber auch darüber hinaus finden sich regulierte Angebote. So sind beispielsweise einige Anbieter noch mit Lizenzen aus Schleswig-Holstein ausgestattet. Dieses Bundesland ging einige Zeit lang einen Sonderweg bei der Lizenzvergabe und trat erst später dem Glücksspielstaatsvertrag bei. Entsprechende noch vorhandene Lizenzen sind bis 2018 gültig. Aber auch weitere Angebote, wie Sparlotterien der Volksbanken und Raiffeisenbanken oder Pferdewetten von Totalisatoren (entsprechenden Pferderennsportvereinen) können in den Bereich des regulierten Glücksspiels gezählt werden.
Unreguliertes Glücksspiel
Das sogenannte unregulierte Glücksspiel betrifft jene Anbieter, die in Deutschland zwar keine explizite Zulassung haben, dementsprechend nicht von Regularien erfasst sind, die man einhalten muss um eine Zulassung zu bekommen, aber andernorts innerhalb der europäischen Wirtschaftsunion eine Lizenz für ihre Dienste haben. Illegal sind diese Angebote, anders als häufig dargestellt, nur im formaljuristischen Sinne auf Deutschland bezogen. Es besteht schlicht keine tragfähige Rechtsgrundlage um diese Anbieter im legalen Bereich einzufangen. Zumindest für Online Wetten sollte sich dies mit der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags ändern.
Die Formulierung „formaljuristisch“ ist nicht ohne Hintergrund gewählt. Tatsächlich sind diese Angebote nach EU-Recht legal. Und daher werden sie auch in Deutschland geduldet. Wenn im öffentlichen Diskurs von illegalen Anbietern gesprochen wird, dann liegt das alleine daran, dass die deutschen Gesetze einen Eintritt in die formale Legalität bislang gar nicht hergaben. Durch die europäische, und damit geltende, Brille betrachtet sind die Angebote sehr legal.
Nur deshalb können sie auch in Deutschland Werbung schalten, die man beispielsweise vor Sportübertragungen im Fernsehen sieht. Wichtig ist auch, das die Studie hier betont, dass es keinerlei negative Rückschlüsse zulässt wie gut und seriös die Angebote unregulierter Anbieter sind. Denn in der Regel sind diese nicht schlechter als „legale“ Angebote. Immerhin will man ja von der Regulierung erfasst werden und tut schon heute einiges dafür nicht negativ hervorzustechen.
Wirklich illegal ist nur der Schwarzmarkt
Der Vollständigkeit wegen sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es auch wirklich illegales Glücksspiel gibt. Dieses besitzt im Falle von Online Glücksspiel Angeboten keinerlei Lizenz aus Europa. Hier rate ich persönlich meist ebenfalls ab. Denn eigentlich ist in Europa auch unreguliertes Glücksspiel reguliert. Nur eben nicht durch die Deutschen. Das lässt sich von Angeboten ohne Lizenz so leider nicht sicher sagen.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung – Reguliertes Glücksspiel vs. unreguliertes Glücksspiel
Was aber ist nun dran, an dem Eindruck das nicht regulierte Angebote dem regulierten Markt so schwer zu schaffen machen. Was ist dran am medial oft zitierten „Wildwuchs der grauen Wirtschaft“?
Hier hat die Studie sich zunächst der Zahlen bedient, die die Glücksspielbehörden der Länder für das Jahr 2015 offiziell erhoben hatten. Aus den Zahlen geht hervor, dass gut 80 Prozent des Marktvolumens für Glücksspiel noch heute auf die regulierten Angebote entfallen. Mit 12,7 Milliarden Euro Marktvolumen insgesamt und 10,4 Milliarden die hiervon auf die unbestritten legalen Angebote entfallen.
Weshalb dem so ist lässt sich ebenfalls recht leicht schließen. Immerhin etwa 3,6 Milliarden Euro entfallen noch immer auf den deutschen Lotto Toto Block. Fast eine weitere Milliarde auf andere Lotterien. Auf jeden Fall kann alleine das Aufgebot des Lotto Toto Block mehr vom Marktvolumen für sich beanspruchen, als das gesamte Angebot an nicht reguliertem Glücksspiel. Und die regulierten Angebote haben ihr Potential da noch nicht mal zum Teil entfaltet. Wenn man alleine an die unzähligen Geldspielautomaten denkt, die in Deutschland zu finden sind wird einem dies schnell bewusst. Auch ohne Zahlen. Doch auf Zahlen verzichten muss man hier keinesfalls. Auf zugelassene Geldspielgeräte entfallen laut der Landes Glücksspielbehörden etwa 5,3 Milliarden Euro Erträge.
Das regulierte Glücksspiel wird nicht verdrängt
Fest steht also: Eine Verdrängung des regulierten Glücksspiels, wie es gerne in den Medien propagiert wird, findet so nicht statt. Etwa 8 Prozent wächst der Markt im Gesamten pro Jahr. Der Löwenanteil entfällt hierbei zwar auf den nicht regulierten Markt, bis dieser aber die Oberhand gewinnt dürften noch Jahre ins Land ziehen. Und innerhalb dieser Jahre werden erhebliche Anteile dieses Marktes zum regulierten Markt zählen. Sportwetten Anbieter wie Bet365 oder Bet-at-Home werden aller Voraussicht nach bereits ab 2018 von der neuen Gesetzeslage eingefangen und über eine Lizenz verfügen können.
Fazit – Die nicht regulierten Anbieter verdrängen die regulierten Angebote nicht
Im Fazit lässt sich aus meiner Sicht festhalten: Eine reale Verdrängung der etablierten Angebote durch nicht regulierte Anbieter findet in der Realität nicht statt. Oder nur so langsam, dass man sich hier kaum Gedanken zu machen braucht. Alle Meldungen, die einen gegenteiligen Eindruck vermitteln, sind lediglich auf möglichst bombastische Berichterstattung aus oder verfolgen andere Ziele, wie beispielsweise Lobbyarbeit.
Damit möchte ich nicht grundsätzlich der Entwicklung widersprechen, die derzeit eher zugunsten der nicht regulierten Angebote geht. Der oft dargestellten Heftigkeit dieser Entwicklung widersprechen die Zahlen aber deutlich. Nehmen wir an, dass sich in den nächsten 10 Jahren keine politischen und rechtlichen Änderungen ergeben können. Dann wäre die Heftigkeit der Entwicklung vermutlich so gegeben, wie sie heute dargestellt wird. Da aber bereits jetzt Änderungen in der Entwicklung sind, und zwar weit vorangeschritten, werden wir diese Verdrängung der regulierten Angebote in dieser Form wohl kaum erleben. Die, die jetzt noch wachsen, werden auf lange Sicht eher in einer neuen Regulierung eingefangen. Sodass also dieser Bereich auf lange Sicht ebenfalls keine Horrormeldungen mehr begünstigen wird.